1-1-1024x683 Live dabei am Nürburgring: Was Neulinge sich keinesfalls entgehen lassen sollten
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Der „Ring“ ist die zweifellos legendärste Rennstrecke in der Geschichte des Motorsports. Doch wer erstmals zu diesem aktiven Denkmal pilgert, sollte unbedingt einige Pflichtübungen absolvieren.

Mitten in unergründlichen Eifelwäldern, zwischen kleinen Dörfern und der namensgebenden Nürburg gelegen. Zwei Rennstrecken, insgesamt 25,98 Kilometer Distanz, 300 Meter Höhenunterschied, 33 Links- und 40 Rechtskurven, dazu Steigungen und Gefälle mit maximal 17, respektive 11 Prozent. Mit solchen Daten vermag die „Grüne Hölle“ schon seit 1927 Millionen von Motorsportbegeisterten in ihren Bann zu ziehen.

Doch auch wenn sowohl die Grand-Prix-Strecke wie die Nordschleife des Nürburgrings hochmoderne Rennstrecken (geworden) sind, so konnten Sie doch auch vieles von ihrem archaischen, legendenbildenden Charme behalten – und mit zahllosen Veranstaltungen zwischen dem legendären 24-Stunden-Rennen, dem VLN-Langstreckenpokal sowie dem AvD-Oldtimer-Grand-Prix und zahllosen kleineren Rennsportveranstaltungen gibt es in normalen Jahren auch genügend Anlässe, in dieses Motorsport-Mekka zu pilgern – auch ohne motorsportferne Highlights wie Rock am Ring. Doch wer noch nie da war, sollte etwas mehr Zeit mitbringen, denn es gilt, einige Musts dieses Mythos mitzunehmen.

Pflicht 1: Das ring°werk erleben

In seiner fast hundertjährigen Geschichte war der Nürburgring Hort für zahllose Legenden auf Beinen und Rädern. Viel zu viele, um sie auch nur in annähernd kurzer Zeit zu erlernen. Doch selbst Menschen, die glauben, durch den Wikipedia-Eintrag des Rings schon die wichtigsten Daten zu kennen, sollten es sich keinesfalls entgehen lassen, sich in der Nähe der Boxengasse der Grand-Prix-Strecke einen Parkplatz zu suchen.

Dort verbirgt sich nämlich hinter silbrig grauen Mauern die wahrscheinlich beste Möglichkeit, den Ring und seine wichtigsten Legenden innerhalb weniger Stunden kennenzulernen. Das ring°werk, eine erleb- und durchwandelbare Verneigung an die Strecke, die Fahrzeuge, Fahrer und Teams.

Hier finden sich nicht nur die Originale, welche die Strecke auf Siegeskurs überquerten, sondern auch zahllose interaktive Möglichkeiten, den Ring zu erleben – inklusive eines Simulators, welcher die auf den Körper wirkenden Querbeschleunigen beim Befahren der Nordschleife „erfahrbar“ macht.

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Aus der Luft erkennt man nur die kleinere Grand-Prix-Strecke. Die deutlich längere Norschleife bleibt oft unter dem Dach der Eifelwälder verborgen. (Stock.adobe.com © )

Pflicht 2: Unbedingt zelten

Noch kleinste Läufe von Cup-Rennen mögen am Ring hochprofessionelle Veranstaltungen sein. Doch nicht zuletzt die zutiefst ländliche Umgebung hat in Verbindung mit der riesigen Fangemeinde rings um den Eifel-Parkour dafür gesorgt, dass hier im Umfeld von Rennen in den umliegenden Wäldern auf den vielen freigegebenen Plätzen nach Herzenslust gecampt und gezeltet wird.

Besonders legendär sind dabei sowohl das 24-Stunden-Rennen wie der Truck-Grand-Prix. Zu diesen Wochenendveranstaltungen treffen viele Gäste schon zu Beginn der Vorwoche ein – mit Sack und Pack, teils abenteuerlichen Fahrzeugen, Musikanlagen und vielem mehr. Besonders an der Nordschleifenkurve „Brünnchen“ geht es dann zu wie auf einer Partymeile; jedoch gibt es rings um die Strecke auch noch viele andere Zeltplätze.

Pflicht 3: Richtige Ringleidenschaft zeigen

Wer das erste Mal an die Nordschleife kommt, wird unvermeidlich feststellen, dass der Asphalt mit zahllosen Graffiti verziert ist. Was auf Uneingeweihte wie schnöder Vandalismus wirkt, ist tatsächlich gelebte Fanleidenschaft – schon seit Jahrzehnten ausgeübt, zwar von den Offiziellen wegen unvorhersagbarer Auswirkungen auf die Griffigkeit des Asphalts nicht gerne gesehen, aber dennoch unvermeidbar.

Zwar ist es keine Pflicht, sich daran zu beteiligen. Wohl aber sollte es sich kein Motorsportfan entgehen lassen, seine Leidenschaft auf andere Weise unter Beweis zu stellen. Zentral dafür sind selbstgemalte, möglichst kreative, lustige, tiefgründige Banner. Auch die andernorts geschasste Fan-Fanfare bzw. Fan-Tröte ist am Ring nach wie vor in großen Mengen lautstark im Einsatz.

Wichtig: nicht zuletzt deswegen sollten Neulinge unbedingt Gehörschützer mitbringen. Das gilt auch deshalb, weil viele Fan-Zonen entlang der Nordschleife sehr dicht an der Strecke liegen, wodurch die kaum gedämpften Motorgeräusche der Renner nur wenig abgeschwächt werden, bevor sie aufs Gehör treffen.

Ebenfalls fast obligatorisch ist es, speziell im Umfeld der großen Rennen, auf den Ausgang des Cups zu wetten. Typischerweise sind hier auch die Online-Wettanbieter vertreten; wer jedoch nicht nur mitmachen, sondern auch gewinnen möchte, sollte sich zuvor unbedingt in die Feinheiten der Berechnungen der Quoten und anderer Faktoren einlesen und erst mit diesem Wissen seinen Tipp abgeben.

Übrigens: Wer kein Banner mitbringen will, darf alternativ auch auf Fahnen setzen; vorzugsweise von der eigenen präferierten Automarke. Auch Gesichtsbemalungen und Kostüme gehören zum guten Ton rings um Brünnchen, Bergwerk, Tiergarten, Galgenkopf und Co.

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Fanleidenschaft ist mehr, als nur den Ring zu bemalen. Dennoch lässt sich speziell diese „Kunstform“ bis heute kaum unterdrücken. (Stock.adobe.com © )

Pflicht 4: Mit genügend Vorlaufzeit anreisen

Wer sich in seiner Navigations-App von zuhause aus die Routenführung Richtung Nürburgring anschaut, kann schnell in eine trügerische Sicherheit geraten:

  • theoretisch ist die Strecke über die Autobahnen A61 (Abfahrt Wehr), A48 (Abfahrt Ulmen) sowie die A1 (bis Ende Blankenheim bzw. Kelberg) gut erschlossen.
  • praktisch hingegen sind nach diesen Abfahrten noch viele Kilometer zu bewältigen.

Just diese sind das Problem: Zwischen den Autobahnen und dem Nürburgring liegen nur wenige gut ausgebaute, doppelspurige Straßenkilometer. Die meisten Strecken sind über Berg, Tal und zahllose Serpentinen führende und ziemlich schmale Landstraßen.

Das heißt, dass es sich im Umfeld von Veranstaltungen hier rasch stauen kann und auch wird. Typischerweise werden die Staus umso dichter, je näher man dem Ring kommt – auch weil die offiziellen Parkplätze fast nie ausreichen und deshalb Tausende an den Straßenrändern parken.

Gerade Neulinge, die nicht sämtliche Trampelpfade zum Ring kennen, tun deshalb gut daran, ihre Anfahrt so zu planen, dass sie deutlich vor Beginn der Veranstaltung eintreffen – wobei „deutlich“ je nach Größe und Dauer auch Tage bedeuten kann.

Pflicht 5: Auf wirklich jedes Wetter vorbereitet sein

Es war dem Volksmund nach einer der deutschen Kaiser, der die Eifel als das „Sibirien Deutschlands“ bezeichnete – und bis heute wird das Mittelgebirge auch immer wieder als „Preußisch Sibirien“ bezeichnet. Der Grund dafür war nicht nur die früher extrem dünne Besiedlung, sondern die oft sehr rauen Winter.

Viel geändert hat sich daran auch unter dem Eindruck des Klimawandels nicht. Erst gegen Ende März 2021 musste das erste Saisonrennen auf dem Ring aufgrund des urplötzlich einsetzenden Winterwetters abgesagt werden; derartiges kommt immer wieder vor.

Auch sehr viele Fans, die glaubten, beim 24-Stunden-Rennen, das traditionell am Fronleichnams-Wochenende stattfindet, sicher zu sein, wurden schon ebenso häufig eines frostigen Besseren belehrt wie die Zuschauer sämtlicher anderer Veranstaltungen im Sommerhalbjahr.

Die Eifel rings um den Ring ist ein meteorologisch äußerst tückisches und wechselhaftes Pflaster. Und keinesfalls sollten Besucher, und erst recht nicht Camper, sich dazu verleiten lassen, die Wahl der Kleidung von so nebensächlichen Faktoren wie der Jahreszeit bestimmen zu lassen.

Selbst im Hochsommer kann es zum Morgen hin am Ring problemlos einstellig werden. Und was mittags nach schönstem Rennwetter aussieht, kann sich zwei Stunden später zu einem mehrstündigen Wolkenbruch auswachsen. Der clevere Ringbesucher packt deshalb ungeachtet der tatsächlichen Jahreszeit auch für alle drei anderen, dann gibt es wenigstens keine Überraschungen.

Wichtig: Die ganzen Park-, Steh- und Campingplätze rings um die Strecke können bei Regen sehr schlammig sein. Gummistiefel sind deshalb immer eine gute Idee.

Pflicht 6: Den Ring selbst erleben

Wenn auf der Nordschleife keine Rennen stattfinden und auch keine Autohersteller dort Testfahrten durchführen, ist der Ring typischerweise für zahlende Gäste freigegeben, sogenannte Touristenfahrer. Allerdings sei doppelt und dreifach unterstrichen, dass es sich nicht nur dem Namen nach um die schwierigste Rennstrecke der Welt handelt.

Speziell YouTube ist voller Videos von Touristenfahrern, die dort vom alten Polo bis zum brandaktuellen Porsche alle möglichen Vehikel unabsichtlich in das Kiesbett oder gar die Banden befördern – und fast immer auf ihrem Schaden sitzenbleiben, weil kaum eine Autoversicherung eine derartige Fahrt schützt.

Mit diesen Ringtaxis lässt sich die Strecke erleben, ohne sein eigenes Blech aufs Spiel zu setzen – und dabei auch deutlich tempo- und actionreicher, als es jeder Neuling kann, der noch nie einen Wagen mit deutlich über 200 km/h durch die grünen Tunnel der Grünen Hölle gehetzt hat.

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