56134-Bild-1-1024x683 Eine Kfz-Werkstatt gründen: Wichtigste Punkte im Überblick
Selbstständig und in Vollzeit Fahrzeuge warten und reparieren. Das mag gut klingen, ist in der Praxis jedoch mit zahlreichen Entscheidungen verbunden. (stock.adobe.com © Kadmy)

Halle, Hebebühne, Werkzeug. So einfach stellen sich viele das Gründen einer Autowerkstatt vor. Dabei ist es jedoch deutlich komplexer.

Es gibt immer weniger junge Menschen, die eine Ausbildung machen, statt zu studieren; kein Beruf bleibt davon unangetastet und besonders das Handwerk wird schwer mitgenommen. Allerdings kommen die Kfz-Werkstätten noch am besten weg: Nach wie vor ist die Ausbildung zum Kfz-Mechatroniker der beliebteste Ausbildungsberuf.

Dann kommt noch hinzu, dass sich Mobilität zwar in einem tiefgreifenden Wandel befindet, dass es aber Automobile jeglicher Art auch in einer elektrifizierten Verkehrswelt in rauen Mengen geben wird. Gute Gründe also um anzunehmen, dass eine Autowerkstatt auch künftig eine ordentliche Auftragslage besitzen wird. Allerdings ist das Gründen eines solchen Betriebs definitiv kein leichtes Thema. Nicht nur wollen hier typische Gründerpositionen beachtet werden, sondern dieses spezielle Thema unterliegt auch einigen rechtlichen Besonderheiten.

1. Es muss einen Meister geben

Jeder kann sich als Gold- und Silberschmied selbstständig machen; jeder darf eine Gerberei eröffnen. Die Automobilwerkstatt findet sich jedoch nicht auf jener Liste der zulassungsfreien Handwerksbetriebe.

Das heißt, wer hier gründen will, muss eine der folgenden Voraussetzungen erfüllen:

  1. Er muss selbst einen Kfz-Meisterbrief besitzen;
  2. Er muss einen Meister anstellen, der als Betriebsleiter fungiert;
  3. Er muss mindestens sechs Jahre Arbeit als Geselle nachweisen, darunter vier in leitender Funktion.

Nur dann darf eine vollwertige Kfz-Werkstatt eröffnet werden. Jenseits davon ist nur das Anbieten einfacher Service-Arbeiten legal; keine allumfassende Reparaturtätigkeit.

2. Das Baugebiet muss stimmen

Viele Werkstätten werden „gegründet“, indem jemand eine bestehende Firma übernimmt. Es gibt jedoch auch Fälle, in denen eine Autowerkstatt von Null entsteht. Nur: Selbst wenn man das enorm wichtige Thema Kundennähe außenvorlässt, so gilt dennoch, dass eine Werkstatt längst nicht überall gebaut werden darf.

Dazu ist es nötig, die verschiedenen Arten von Baugebieten nach Art der vorgesehenen Nutzung zu kennen:

  • Kleinsiedlungsgebiete
  • Reine Wohngebiete
  • Allgemeine Wohngebiete
  • Besondere Wohngebiete
  • Dorfgebiete
  • Mischgebiete
  • Urbane Gebiete
  • Kerngebiete
  • Gewerbegebiete
  • Industriegebiete
  • Sondergebiete

Gut die Hälfte dieser Liste steht nicht für Werkstätten zur Verfügung, auch bei Mischgebieten gab es bereits negative Gerichtsurteile. Das heißt, selbst innerhalb einer in Sachen Zielgruppe attraktiven Region ist längst nicht jedes Areal möglich; egal wie gut seine Lage ist.

56134-Bild-2-1024x768 Eine Kfz-Werkstatt gründen: Wichtigste Punkte im Überblick
Eine Kfz-Werkstatt ist längst nicht in jedem Baugebiet möglich. Das liegt vor allem an ihrer Bedeutung für Lautstärke und Verkehrsaufkommen. (stock.adobe.com © castenoid)

3. Die Rechtsform muss wohlbedacht werden

Die Rechtsform ihrer künftigen Werkstatt ist ein Thema, dem sich viele angehende Profischrauber nicht annähernd mit der nötigen Sorgfalt widmen. Möglich sind hier sehr viele Konstellationen. Sie beginnen beim Einzelunternehmen, erstrecken sich über die Gesellschaft bürgerlichen Rechts und je nach Konstellation und beteiligten Personen kann es sogar sinnvoll sein, eine in der Haftung äußerst limitierte Form zu wählen, indem man eine GmbH & Co. KG gründet, bei der die GmbH als Komplementär fungiert – wodurch kein Beteiligter mit seinem Privatvermögen haftbar gemacht werden kann.

Nur alle Optionen sollten durchgespielt werden. Nach Möglichkeit unter Hinzuziehung eines Fachmannes für Rechtsformen. Denn alles, was bei der Gründung wahlweise unattraktiv oder attraktiv wirkt, kann sich im späteren Verlauf umkehren – nur ist dann ein Geschäftsformwechsel aufwendig und teuer.

4. Die Art der Werkstatt muss entschieden werden

Was für eine Werkstatt möchte ich eigentlich eröffnen? Viele Gründer in Spe heben mit dieser Fragestellung nur auf die Art zu reparierender Fahrzeuge ab – der eine will PKW bearbeiten, der andere vielleicht nur Zweiräder. Tatsächlich ist dies jedoch nur eine Hälfte der Entscheidungsfindung, denn „Art“ bezieht sich auch auf den wirtschaftlichen Charakter des Hauses.

All diese Optionen stehen prinzipiell zur Verfügung, können alle mit Vor- und Nachteilen aufwarten:

  • Freie Werkstätten sind recht schwierig, weil hier Leute mit markenübergreifender Erfahrung arbeiten müssen, es dementsprechend viel Spezialwerkzeug geben muss und vor allem im digitalen Bereich (etwa Diagnosegeräte) vieles von den Herstellern oft nicht herausgegeben wird. Dafür winkt jedoch ein breiter Kundenstamm, woraus wiederum eine hohe Zukunftstauglichkeit erwächst.
  • Vertragswerkstätten benötigen zwingend die Rückendeckung eines Fahrzeugherstellers. Nur werden solche Lizenzen nur sporadisch vergeben. Gibt es in der Nähe (ein breit auslegbarer Begriff) bereits eine solche Werkstatt, wird ein Hersteller vermutlich ablehnen.
  • Franchise-Werkstätten gehören zu deutschlandweit operierenden Ketten. Auch sie sind markenungebunden, zudem gibt es gerade in der Startphase viel Hilfe durch den Franchise-Geber. Nachteilig wirkt sich jedoch aus, dass der Gründer in ein recht enges „Korsett“ gezwängt wird, da er zahlreiche Vorgaben dauerhaft einhalten muss.

Auch hier gilt: Alles muss im Vorfeld gleichberechtigt analysiert und verglichen werden.

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Vor allem der Umweltschutzaspekt macht es heute aufwendig, eine den Vorgaben entsprechende Werkstatt zu errichten. (stock.adobe.com © Викентий Елизаров)

5. Es müssen zahlreiche Vorgaben erfüllt sein

Einfach eine Bodenplatte gießen lassen, darauf eine Halle errichten, die dann mit dem nötigen Equipment bestückt wird? Leider ist das nicht einmal die Hälfte des Weges, der gegangen werden muss, bevor sämtliche staatlichen Stellen ihren Daumen über dem Projekt heben.

Denn: Eine Autowerkstatt stellt einen besonderen Fall in rechtlicher Hinsicht dar, besonders, was die möglichen Kontaminationen durch Betriebsflüssigkeiten der Fahrzeuge anbelangt. Dazu auch Lärm, vielleicht Lacke, Abgase – eine lange Liste an Dingen, die hier zum täglichen Business gehören, aber dazu geeignet sind, Mensch und Umwelt zu schädigen.

Und sobald der Gründer auch nur eine einzige Teilzeitkraft für die Büroarbeit einstellt, muss die Werkstatt dann auch noch offiziell als Arbeitsstätte mit dazu vorgeschriebenen Inhalten geeignet sein. Dass natürlich auch an eine Kfz-Werkstatt ganz grundsätzliche Mindestanforderungen hinsichtlich der Gebäudetechnik gestellt werden, kommt noch hinzu.

Dabei steht dieser Punkt zwar recht weit hinten in diesem Artikel, in der Praxis muss er jedoch frühzeitig bearbeitet werden – erstens, weil das alles Genehmigungen erfordert und zweitens, weil dies einen sehr gewichtigen Anteil an den Bau- und somit Gründungskosten der Werkstatt trägt. In diesen zahlreichen Vorgaben findet sich auch ein wichtiger Grund, warum viele Gründer den Weg des deutlich geringeren Widerstandes gehen und einfach eine schon bestehende Werkstatt übernehmen und weiterführen.

6. Die richtigen Leute müssen gefunden und eingestellt werden

Die kleine Werkstatt, in der der Besitzer alles in Personalunion macht, gehört zu einer aussterbenden Art. Dafür sorgt schon die Tatsache, dass Autos von Jahr zu Jahr komplexer werden und es somit in vielerlei Hinsicht immer schwieriger wird, Fehler zu diagnostizieren und zu beheben. Einmal abgesehen davon, dass immer mehr Modelle unsagbar „verbaut“ sind, sodass selbst theoretisch einfache Reparaturen extrem viel Zeit verschlingen und deshalb unwirtschaftlich werden – etwa dann, wenn der Austausch einer simplen Blinker-Glühlampe bedingt, die halbe Fahrzeugfront zu zerlegen.

Das heißt, der heutige Werkstattgründer wird kaum umhinkommen, zumindest eine Handvoll Personal anzustellen. Hier ist es zwar durchaus ein Vorteil, dass jedes Jahr so viele Kfz-Mechatroniker ihren Abschluss machen. In der Praxis wirkt sich dies jedoch längst nicht so stark in einer großen Auswahl an Fachleuten aus – denn viele Azubis lernen in Vertragswerkstätten, sind deshalb nur in „ihrer“ Fahrzeugmarke erfahren, wohingegen es in der Werkstattpraxis deutliche Unterschiede zwischen den Marken gibt.

Zudem gilt auch hier: Je mehr die Werkstatt sich in eine Nische ausrichtet, desto schwieriger wird es, dafür Leute zu finden – das bekommen nicht zuletzt Häuser zu spüren, die sich beispielsweise auf Oldtimer fokussiert haben, weil viele der hier nötigen Anforderungen schon seit teilweise Jahrzehnten nicht mehr auf dem Ausbildungsplan stehen.

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Wer heute gründet, muss die Elektromobilität mit einbeziehen. Jetzt für herausragende Marktbedeutung, morgen um keine Kunden zu verlieren. (stock.adobe.com © Monkey Business)

7. Das Thema Elektromobilität muss angesprochen werden

Was die Zulassungen und Bestände von Elektrofahrzeugen anbelangt, könnten angehende Werkstattgründer durchaus zu der Überzeugung gelangen, dass sie sich diesem Thema (noch) nicht widmen müssten. Tatsächlich ist diese Denkweise jedoch aus mehreren Gründen falsch:

  • Der Verbrennungsmotor hat ein Ablaufdatum. Es gibt nur noch kein exaktes Jahr, das wird sich jedoch in den kommenden Jahren rasch herauskristallisieren.
  • Mit jedem Jahr geht die Entwicklung weiter, wird die Infrastruktur verbessert, werden „Stromer“ deshalb attraktiver und zahlreicher.
  • Kein einziger Autohersteller plant nicht zumindest elektrische Modelle oder hat sie schon heute im Portfolio.

Jetzt mag die Zahl an Kunden mit Elektroautos tatsächlich noch vernachlässigbar sein – und die, die es gibt, werden meist „ihre“ Vertragswerkstatt aufsuchen. Jedoch ist die Situation unglaublich schnelllebig, sodass schon in sehr wenigen Jahren eine Werkstatt, die nicht auch Elektrofahrzeuge warten und reparieren kann, vor größer werdenden Problemen steht – während zeitgleich immer weniger Verbrenner unterwegs sind.

Wer derzeit gründen will, sollte deshalb sowohl in Sachen Ausrüstung wie personellen Fähigkeiten dafür sorgen, dass er auch an Stromern arbeiten kann – nicht zuletzt, weil dies aktuell noch recht selten ist und deshalb der jungen Werkstatt einen wertvollen Boost bescheren kann.

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