Jährlich gibt es in Deutschland Hunderttausende Wildunfälle. Dabei werden Fahrzeuge beschädigt oder sogar zerstört und Tiere verletzt oder getötet. Vermeiden lässt sich die Begegnung von Fahrzeug und Tier nicht, denn Wildschweine und Rehe kreuzen die Straße auf ihren Wegen. Sie als Autofahrer können aber mit einigen Maßnahmen dazu beitragen, Wildunfälle zu vermeiden.
Wildunfall – Leider keine Seltenheit
Oft geht es nur um Sekundenbruchteile: Auf der Suche nach Futter taucht das Wild plötzlich auf der Fahrbahn auf und dem Fahrer bleibt keine Zeit zum Reagieren. Im Jahr 2023 kam es zu über 280.000 Unfällen, die durch Wild wie Rehe und Wildschweine ausgelöst wurden. Der Schaden wurde von den Versicherungen auf über eine Milliarde Euro beziffert.
Diese Kosten schlagen die Versicherungen jährlich auf die Beiträge auf. Mit steigenden Kosten für Ersatzteile und größeren Schadenssummen steigen auch die Prämien für die Versicherung. Eine Umkehr der Preisspirale ist derzeit nicht in Sicht. Im Gegenteil: internationale Zölle und Rohstoffkämpfe lassen die Preise langfristig eher weiter steigen.
Hinzu kommt der Schaden an der Tierwelt durch verletzte und getötete Tiere. Besonders kleinere Wildtiere wie Reh, Fuchs und Hase erliegen oft den Verletzungen des Aufpralls. Größere Tiere wie Wildschwein und Hirsch haben hier bessere Überlebenschancen.
Gefährliche Orte, Uhrzeiten und Jahreszeiten
In Wäldern und auf Wiesen sind deutlich mehr Tiere unterwegs als im Wohngebiet. Die Gefahr, einem davon zu begegnen, ist daher auch viel größer. Lassen Sie also auf Straßen besondere Vorsicht walten, die durch ländliches Gebiet führen und solche Landschaften bieten.
Die Gefahr für die Begegnung mit Reh, Wildschwein und co. ist nicht immer gleich groß. Die täglichen Dämmerungszeiten sind gefährlich, da die Tiere hier vermehrt unterwegs sind. Leider trifft dies bei vielen Erwerbstätigen die Zeiten, zu denen sie zu ihrem Job fahren. Passen Sie daher besonders auf, auch wenn Sie noch müde sind.
Im Vergleich der Jahreszeiten ist die Gefahr für Wildwechsel im Frühling und Herbst am größten. Das trifft besonders die Monate April bis Juni und Oktober bis Dezember. Hier sind überdurchschnittlich viele Tiere unterwegs und in den Herbstmonaten erschweren frühe Dunkelheit und Nebel die Sicht zusätzlich.
Gefahr durch Wildwechsel vorbeugen
Der beste Weg aus einer gefährlichen Situation besteht darin, sie gar nicht erst entstehen zu lassen. Passen Sie in gefährdeten Zeiten und Regionen Ihr Fahrverhalten so an, dass Sie eventuelle Wildtiere rechtzeitig entdecken. Dabei können Ihnen helfen:
- Angemessene Geschwindigkeit
- Aufmerksamkeit
- Abstand
- Verkehrszeichen
Tempo an die Sichtverhältnisse anpassen
Die Geschwindigkeit hat einen großen Einfluss auf den Bremsvorgang und die Stabilität des Fahrzeugs. Eine geringere Geschwindigkeit verkürzt gleichermaßen Reaktionsweg und Bremsweg und reduziert die Gefahr, dass das Auto ausbricht. Sie sollten daher die Geschwindigkeit anpassen, wenn Sie auf einer gefährlichen Straße unterwegs sind.
Aufmerksam bleiben und Abstand einhalten
Es ist immer sinnvoll, einen angemessenen Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug einzuhalten. Umso mehr gilt dies, wenn die Gefahr von Wildwechsel besteht. Es verschafft Ihnen mehr Zeit, wenn der Vorausfahrende plötzlich bremst oder ausweichen muss.
Außerdem empfiehlt es sich, nach Möglichkeit zum rechten Straßenrand einen Abstand zu wahren und die Seitenränder der Straße im Blick zu halten. Reagieren Sie nicht erst, wenn das Tier auf der Straße steht, sondern schon, wenn es zum Sprung ansetzt.
Verkehrszeichen beachten
Wenn ein Verkehrsschild auf Wildwechsel hindeutet, sollten Sie auf diesem Straßenstück besonders aufpassen. Dies sind Straßen, auf denen eine besonders hohe Gefahr der Begegnung mit Wild besteht. Wird ein Tier entdeckt, ist besondere Vorsicht angebracht: Viele Wildtiere sind in Rudeln unterwegs, sodass der Vorhut oft noch weitere Tiere folgen.
Wildwechsel: Wenn das Tier auftaucht
Viele Autofahrer reagieren mit einem Ausweichmanöver oder einer unkontrollierten Vollbremsung auf Wildtiere. Dies kann sinnvoll sein, birgt aber immer die Gefahr, dass das Fahrzeug schleudert oder sogar von der Straße abkommt. Auch ein Auffahrunfall ist nicht auszuschließen. Versuchen Sie, der Situation entsprechend zu reagieren. Wir listen hier ein paar hilfreiche Tipps auf.
Fuß vom Gas & Lenkrad festhalten
Nehmen Sie den Fuß vom Gaspedal und halten Sie sich in jedem Fall bremsbereit. Greifen Sie das Lenkrad richtig, damit Sie die volle Kontrolle über das Auto behalten. Bei einer Ausweichbewegung müssen Sie schnell reagieren und dürfen das Fahrzeug keinesfalls in den Straßengraben lenken. Bremsen Sie je nach Situation ab. Da ist besonders der Abstand zum Wildtier entscheidend.
Eine Vollbremsung ist nicht unbedingt nötig, sofern Sie noch etwas Abstand zum Reagieren haben. Versuchen Sie nach Möglichkeit, ruckartige Manöver zu vermeiden. Diese sind immer mit dem Risiko verbunden, die Kontrolle zu verlieren.
Fernlicht abschalten
Die meisten Tiere sehen ebenfalls mit den Augen. Betritt das Reh die Straße und wirft einen Blick in die Scheinwerfer Ihres Fahrzeugs, wird es geblendet. Die Folge: Es sieht nichts mehr und erstarrt. Es kann helfen, das Fernlicht abzuschalten, damit das Tier seine Orientierung wiederfindet. Oftmals läuft das Wild dann in die ursprüngliche Richtung weiter.
Hupen
Die Hupe ist an dieser Stelle ebenfalls ein nützliches Instrument. Der Lärm schreckt viele Wildtiere auf. Betätigen Sie die Hupe, wenn das Tier auf der Straße stehen bleibt. Möglicherweise reicht der Schreck, damit es sich in irgendeine Richtung in Bewegung setzt.
Verkehrsunfall durch wilde Tiere
Kommt es zu einer Kollision, müssen Sie die Unfallstelle sichern und für die Räumung des verletzten oder getöteten Tieres sorgen. Je nach Einzelfall kann es auch sinnvoll sein, die Versicherung zu informieren. Wir erläutern in den folgenden Abschnitten, wie Sie vorgehen.
Unfallstelle sichern
Bleiben Sie nicht mitten auf der Straße stehen, denn hier besteht die Gefahr, durch weitere Fahrzeuge verletzt zu werden. Sofern es der Zustand Ihres Autos zulässt, sollten Sie die Straße umgehend freimachen. Halten Sie sich auch selbst von der Straße fern, besonders, wenn das Straßenstück schlecht einsehbar ist.
In jedem Fall muss unverzüglich die Unfallstelle gesichert werden. Ziehen Sie sich zur besseren Sichtbarkeit und zum eigenen Schutz die Warnweste über und stellen Sie das Warndreieck in ausreichendem Abstand auf. Dieses sollte in mindestens 100 Meter Entfernung zur Unfallstelle positioniert werden. Befindet sich der Unfallort nach einer Kurve oder in einer Senke, sollte das Warndreieck vor der Kurve bzw. vor der Senke aufgebaut werden.
Unfall melden und für Räumung sorgen
Unabhängig vom Schaden an Ihrem Fahrzeug gilt: Wurde ein Wildtier im Straßenverkehr verletzt oder getötet, müssen Sie dies melden. Zuständig hierfür ist der Jäger, dem das Gebiet unterliegt.
Alternativ können Sie den Unfall einfach bei der Polizei melden und einen Hinweis auf ein betroffenes Wildtier geben, dann verständigt die Polizei den für das Gebiet zuständigen Jäger. Dieser kümmert sich dann um alles Weitere inklusive der Beseitigung des Tieres, falls nötig.
Sollte ich einen Wildunfall der Versicherung melden?
Das kommt darauf an, ob und wie Sie versichert sind. Die meisten Teilkaskoversicherungen schließen einen Zusammenstoß des fahrenden Autos mit Haarwild ein. Dazu gehören zum Beispiel:
- Reh
- Hirsch
- Fuchs
- Marder
- Hase
Fällt Ihr Wildtier in keine dieser „typischen“ Kategorien, können Sie den Schaden dennoch melden. Die Versicherung wird dann entscheiden, ob der Fall versichert ist oder nicht. Falls die Teilkaskoversicherung nicht greift, ist auch eine Regulierung über die Vollkaskoversicherung möglich. Hier steigen allerdings die Beiträge nach einem Schaden.
Wildwechsel: Gefahr nicht ignorieren, sondern vorbeugen durch angepasste Fahrweise
Jährlich weit über 200.000 Unfälle mit Wild in Deutschland sprechen eine deutliche Sprache: Diese Gefahr sollten Sie nicht ignorieren. Halten Sie Ihr Fahrzeug technisch in Ordnung und beugen Sie dem Wildunfall durch eine vorausschauende Fahrweise vor. Sollte es dennoch zu einem Zusammenstoß kommen, muss der Jäger verständigt werden. Sie können den Unfall aber auch bei der Polizei melden.
F. Selleng wurde in Köthen (Anhalt) geboren. Als ausgebildeter Mechatroniker bei der Deutschen Bahn, arbeitete er dort in der Wartung und Instandhaltung von Schienen-Baufahrzeugen.
Nach einer Fortbildung zum Industriemeister Elektrotechnik wechselte er später in die Autoindustrie nach Leipzig. In den folgenden Jahren arbeitete er bei Porsche und BMW.
Seit dem Schuljahr 2016/17 ist er als Fachlehrer für Elektrotechnik an einer Berufsschule tätig. Im gleichen Zeitraum begann er, als freier Autor fachliche Texte und Ratgeber zu verfassen.