Bild-1-1024x684 Gebrauchtwagenmarkt 2035: Nach dem Kauf zum Software-Update?
Der Gebrauchtwagenmarkt wird sich in den kommenden anderthalb Jahrzehnten dramatisch ändern. Auch, aber nicht nur wegen der Elektromobilität.stock.adobe.com ©

Schon heute und noch viel stärker in den kommenden Jahren wird sich die hiesige PKW-Welt verändern. Auch, aber nicht ausschließlich wegen dem Aufkommen von Elektrofahrzeugen. Natürlich wird davon auch der Gebrauchtwagenmarkt nicht unbeeinflusst bleiben. Der folgende Artikel zeichnet einen Ausblick, wie diese Welt im Jahr 2035 aussehen könnten.

1. Simplerer Kauf

Wer heute ein Gebrauchtfahrzeug kaufen möchte, weiß, wie schwierig dies aus technischer Hinsicht sein kann. Der gesamte Antriebsstrang eines Verbrennerfahrzeugs ist ein hochkomplexes Gebilde. Das macht es nötig, Gebrauchtfahrzeuge genau zu durchleuchten, um etwaige Schäden zwischen Ventildeckel und Antriebswellen-Simmerring zu entlarven – und, sofern man nicht über genügend eigene Fähigkeiten verfügt, auf eine Checkliste zu vertrauen oder gleich jemanden mit mehr Sachverstand mitzubringen.

Bei künftigen Gebraucht-Verbrennern wird sich dies natürlich nicht ändern – allen bisherigen und noch zu erwartenden Entwicklungen zum Trotze bleiben Benziner und Diesel im Kern technisch gleich, sodass sich an den generellen Problemzonen nichts ändern wird.

Allerdings darf man nicht vergessen, welchen Stellenwert elektrische Antriebe dann einnehmen werden. Unabhängig davon, ob die elektrische Energie durch eine Batterie oder eine Brennstoffzelle und Wasserstoff bereitgestellt wird.

Elektrofahrzeuge sind im Antriebsstrang ungleich simpler aufgebaut; während ein durchschnittlicher Verbrenner-Antriebsstrang es auf gut über 1000 Teile bringt, sind es beim Elektrofahrzeug nur gut 200. Zudem ist der Digitalisierungsgrad solcher Fahrzeuge bereits heute hoch und wird sich in Zukunft weiter steigern. Das wiederum ermöglicht es, durch Diagnosemöglichkeiten einen noch besseren Überblick über den Ist-Zustand des Gebrauchten zu erlangen.

Zusammengefasst: Durch den simpleren Aufbau und die besseren Diagnosefähigkeiten werden zumindest die elektrischen Gebrauchten des Jahres 2035 risikoloser zu kaufen sein, weil viele Fehlerquellen und Prüfpositionen wegfallen.

2. Problematischeres Verbrenner-Anmeldeprozedere

Dieser Punkt muss mit etwas Vorsicht genossen werden, da nicht abzusehen ist, wie sich die politische Situation entwickeln wird. Allerdings steht zu vermuten, dass der Kauf eines gebrauchten Verbrenners im Jahr 2035 auf administrativer Ebene erschwert bis verunmöglicht werden könnte.

Nicht nur in Deutschland fordern bereits heute Gruppierungen ein „Verbrenner-Verbot“. Irland beispielsweise hat sich diesen Schritt für das Jahr 2030 vorgenommen, in Norwegen soll es bereits 2025 soweit sein. Inwieweit Deutschland sich anschließen wird, ist nicht abzusehen.

Wohl aber erscheint es aus jetziger Sicht realistisch, dass es 2035 Gesetze geben könnte, die eine Wieder-, respektive Ummeldung von Verbrennerfahrzeugen untersagen, evtl. auch eine begrenzte Maximal-Halterzahl. Eine Maßnahme, um den Wandel hin zur Elektromobilität voranzutreiben.

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s erscheint nicht allzu unrealistisch, dass es bis 2035 weitreichendere Verbotsgesetze geben wird. Etwa eines für die Wiederanmeldung gebrauchter Verbrenner.stock.adobe.com ©

Sollte derartiges beschlossen werden, könnte folgendes geschehen:

  1. Das Gesetz wird voraussichtlich erst nach einem gewissen Zeitraum in Kraft treten.
  2. Vor dem Stichtag beginnt ein letzter „Run“ auf Verbrenner-Gebrauchte, welcher die Preise hochtreiben wird.
  3. Mit dem Stichtag fällt der Wert in den Keller, da es zumindest in Deutschland keinen Absatzmarkt mehr gibt.

Gleichsam wäre in einem solchen Szenario zu erwarten, dass der Wert von gebrauchten Elektrofahrzeugen ansteigt – der Markt wurde durch das Gesetz ja künstlich verknappt.

Zusammengefasst: Es könnte sein, dass es 2035 nicht mehr möglich sein wird, einen gebrauchten Verbrenner-PKW umzumelden, sodass die Marktpreise verzerrt würden.

3. Überraschende Taxi-Hintergründe

Wer heute einen gebrauchten PKW erwerben möchte, der zur gewerblichen Personenbeförderung verwendet wurde, muss aktiv suchen – so groß ist der Taxi- bzw. Funkmietwagen-Markt nicht. Und nicht wenige Kunden werden auch durch die oft hohen Laufleistungen abgeschreckt.

Abermals muss man hier jedoch beachten, wie sich der künftige Fahrzeugmarkt bzw. Mobilitätskonzepte entwickeln werden. In anderen Ländern ist das Uber-Prinzip seit Jahren etabliert und wird hierzulande nur gerichtlich ausgebremst. Dabei ist dieser Dienstleister ein extrem wichtiger Player der zukünftigen Mobilität. Die heute bestehenden Verbote Deutschlands dürften künftig fallen, schon weil sie vielfach schlicht ignoriert werden, weil ein enormer Kunden-Druck besteht. Das wiederum sorgt dafür, dass dereinst viel mehr Fahrzeuge als bisher in Taxi-ähnlicher Form genutzt werden – sowohl zeitweise wie fest.

Der Gebrauchtwagenmarkt des Jahres 2035 dürfte deshalb definitiv viel mehr Fahrzeuge enthalten, die einen Taxi-/Mietwagen-Hintergrund besitzen. Aus Verschleiß-Sicht dürfte das bei Elektrofahrzeugen weniger problematisch sein. Allerdings könnte es notwendig werden, Gesetze zu erlassen, die Verkäufer verpflichten, über eine derartige Nutzung zu informieren, wie es bereits ein 2017 erlassenes Urteil über Offenbarungspflichten bei einer Vornutzung als Mietwagen tut.

Zusammengefasst: Es steht zu erwarten, dass sich in den kommenden Jahren Personenbeförderungsdienstleister im Stil von Uber in Deutschland stark verbreiten werden. Auf dem Gebrauchtwagenmarkt des Jahres 2035 dürften deshalb viel mehr Fahrzeuge mit Personenbeförderungs-Background zu finden sein.

4. Besserer Werterhalt von Elektrofahrzeugen

Ob es ein Verbrenner-Ummeldungsverbot geben wird, welches die Preise für gebrauchte Elektrofahrzeuge hochtreiben wird, lässt sich wie erwähnt nicht mit Bestimmtheit sagen. Was allerdings bei „Stromern“ Tatsache sein wird, ist, dass sie ungeachtet eines solchen Markteingriffs einen besseren Werterhalt haben werden.

Bild-3-1024x681 Gebrauchtwagenmarkt 2035: Nach dem Kauf zum Software-Update?
Elektrofahrzeuge sind weniger kompliziert und einfacher zu warten. Schon das wird dafür sorgen, dass ihr Werterhalt besser sein wird als bei gleichalten Verbrennern – auch ohne Verbote.stock.adobe.com ©
  1. Abermals ist die technische Einfachheit ein Faktor. Es sind weniger laufleistungsbedingte Verschleißerscheinungen zu befürchten – wo Teile schlicht nicht vorhanden sind und es viel weniger gibt, das sich durch Bewegung abnutzt, stehen weniger Reparaturen an.
  2. Egal welche (Umwelt-)Gesetze noch kommen, reine Elektrofahrzeuge werden davon ausgeklammert sein. Das lässt sich beispielhaft am Wertverfall von Dieseln nachvollziehen. Wo keine unmittelbaren Abgase entstehen, besteht kein Grund zur Furcht vor Fahrverboten und somit einer Einschränkung des Käuferkreises.
  3. Elektromotoren können im Vergleich zu Verbrennern Unabhängiger gefertigt werden. Das führt Hersteller- und Modell-übergreifend zu mehr Einheitlichkeit beim Antriebsstrang und somit eine dort effektivere/längerdauernde Ersatzteilversorgung.

Ferner darf man abermals nicht den Digitalisierungsgrad vergessen, diesmal sogar bei Verbrennern: In den kommenden Jahren wird das Auto in hohem Maße eine weitere Aufwertung durch digitale Funktionen erfahren. Das aktuelle Connected-Car-Konzept zeigt – bei aller Datenschützer-Kritik daran – wohin die Reise gehen wird.

Solche Digitalfunktionen lassen sich durch Software-Upgrades verbessern, erweitern, am Puls der Zeit halten. Wesentlich leichter als bei vorherigen Techniken. Auch dies wird sich auf die Gebrauchtwagenpreise auswirken, da es ungleich einfacher sein wird, einen vergleichsweise alten Gebrauchten auf zeitgenössischem Niveau zu halten.

Zusammengefasst: Insgesamt steht zu erwarten, dass die Gebrauchten des Jahres 2035 wertstabiler sein werden, da sie (beim Elektroantrieb) weniger Verschleiß haben, es mutmaßlich eine vereinfachte Ersatzteilversorgung geben wird und ihre Digitalfunktionen sich einfacher upgraden lassen.

5. Ein massiver Umbruch des Händlersystems

Schon heute befindet sich der Verkauf von Fahrzeugen in einem massiven Umwandlungsprozess. Das (Neuwagen-)Autohaus, so wie man es seit Jahrzehnten kennt, ist nach Ansicht vieler Branchenkenner eine langfristig dem Aussterben geweihte Rasse.

Die Gründe dafür sind unter anderem in einer veränderten Investitionstätigkeit zu finden sowie auch in veränderten Vertriebsmodellen der Hersteller. Bis zum Jahr 2035 wird sich dies höchstwahrscheinlich auch auf den Markt für Gebrauchte auswirken: Lange Jahre war das Marken-Autohaus neben dem reinen Gebrauchtwagenhändler sowie dem Privatverkauf eines der drei Standbeine des Gebrauchtwagenmarktes.

Brechen immer mehr Autohäuser weg und werden durch wenigere, dafür größere Nachfolger ersetzt, wird sich der Kauf von Gebrauchten ebenfalls ändern. Experten vermuten aber, dass dies keine Verschiebung hin zu den reinen Gebrauchtwagenhändlern und dem Privatbereich zur Folge haben wird, sondern eher zu jenen XL-Unternehmen.

In solchen, sehr großen Autohäusern könnte dereinst ein Großteil des Gebrauchtwagenmarktes aufzufinden sein. Hier sind die notwendigen Kenntnisse und Techniken vorhanden, um zu warten und zu reparieren, hier könnten Gebrauchte ohne viel Federlesens auf die digitalen Wünsche ihrer Käufer geupdatet werden.

Allerdings darf man bei dieser Voraussage nicht ignorieren, wie stark aktuell Startups in den Gebrauchtwagenmarkt drängen. Das 2012 gegründete deutsche Unternehmen Auto1 (u.a. „Wirkaufendeinauto“) beispielsweise hat mittlerweile einen Wert von drei Milliarden Euro erlangt und ist zu einem wichtigen Mitspieler auf dem Markt geworden. Bis 2035 dürfte sich in diesem Bereich noch viel tun.

Zusammengefasst: Das Wie des Gebrauchtwagenkaufs wird 2035 teils dramatisch anders sein als man es noch heute kennt. Ein wichtiger Grund dafür wird das Wegsterben klassischer kleiner Marken-Autohäuser zugunsten weniger, sehr großer Betriebe sein.

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